„Ludwig van Beethoven war ein deutscher Komponist und Pianist. Er führte die Wiener Klassik zu ihrer höchsten Entwicklung und bereitete der Musik der Romantik den Weg. Er wird zu den herausragenden Komponisten der abendländischen Musikgeschichte gezählt.“
Verstorben: 26. März 1827, Wien, Österreich
Iron Butt Association Germany: „Mache innerhalb von 24 Stunden zwei Photos: Fotografie das Geburtshaus von Ludwig van Beethoven in Bonn und sein Grab auf dem Wiener Zentralfriedhof. Lege dabei mindestens 1.600 Kilometer zurück“.
Das klingt doch nach einer lösbaren Aufgabe, oder? Bis auf den kleinen Nachteil, dass ich aufgrund meiner Heimat im Taunus, und der daraus resultierenden geographischen Lage, noch ca. 300 Kilometer zusätzlich fahren muss. Ob es sich zudem als Vorteil erweisen wird, dass ich nach ca. 1500 Kilometern, also nachdem ich von meinem Heimatort nach Wien und wieder zurück gefahren bin, an meiner Heimat Autobahnabfahrt vorbeikommen werde, und dann aber immer noch ungefähr 400 Kilometer vor mir habe bis ich wieder zu Hause bin, wage ich stark zu bezweifeln.
Um 04:00 Uhr am Samstagmorgen klingelt mein Wecker. Und da ist sie wieder. Die Frage, warum ich mir das eigentlich antue. Ehrlich? Auch nach mittlerweile doch einigen Rides und Rallyes mit der Iron Butt Association habe ich noch immer keine Antwort darauf. Auf jeden Fall ist die meine Vorfreude riesig. Im letzten Jahr ging wegen Corona so gut wie gar nichts. Jetzt geht es endlich wieder in großem Stil auf die Straße.
Die Route ist geplant und im Navi gespeichert. Das Motorrad ist gepackt. Ausreichend Essen und Getränke sind an Bord. Der Wetterbericht verspricht eine trockene Reise.
Los geht´s…
Meine erste Station ist die Tankstelle kurz vor der Autobahnauffahrt hier im Ort. Ich tanke meine Kawasaki Versys randvoll und achte darauf, auf jeden Fall einen Tankbeleg zu bekommen. Schließlich markiert die Uhrzeit auf dem Beleg meine offizielle Startzeit. Ab jetzt habe ich 24 Stunden Zeit für 2 Photos.
Und schon bin ich auf der Autobahn. Mein Weg soll mich auf der ersten Etappe über Würzburg, Nürnberg, Passau und Linz nach Wien führen. Das erste, was mir dabei nach wenigen Kilometern auffällt, ist das der Morgen doch nicht so warm ist wie ich angenommen habe. Also erst einmal raus auf den erstbesten Parkplatz und einen zusätzlichen Pullover rausgeholt. Zum Glück habe ich aufgrund meiner Erfahrungen mit den Rides der Iron Butt Association je nach Jahreszeit unterschiedliche Packlisten mit entsprechend warmer oder eher luftiger Kleidung. Ein Pullover gehört auf jeden Fall immer dazu.
Kaum wieder unterwegs macht mich mein Navi darauf aufmerksam, dass die vor mir liegende Autobahn aufgrund einer LKW Panne in Teilen gesperrt ist, und empfiehlt eine großzügige Umleitung, die mich ungefähr eine Stunde kosten wird. Zum Glück habe ich für diese Tour ausreichend zeitlichen Puffer eingebaut, sodass diese Abweichung von meinem Plan zwar ärgerlich, aber nicht entscheidend über den Erfolg des Rides ist.
So plätschern die Kilometer ereignislos vor sich hin und nach einigen Stunden erreiche ich die letzte deutsche Tankstelle vor der Grenze nach Österreich. Die Tankstelle ist heillos überfüllt. Aber ich habe keine Alternative. Da ich terminlich sehr eingespannt vor dem heutigen Tag war, hatte ich keine Gelegenheit im Vorfeld eine Autobahn-Vignette für Österreich zu kaufen. Da der österreichische Staat beim Thema Vignette keinen Spaß versteht, muss ich wohl oder übel an die Kasse dieser Tankstelle.
Die Temperaturen sind mittlerweile soweit gestiegen, dass eher T-Shirt als Pullover angebracht sind. Also nutze ich die Gelegenheit, ziehe mich um und tanke. Das letztere wäre zwar jenseits der Grenze günstiger, aber Zeit ist in meinem Falle wichtiger als sparen. Nach ca. 15 Minuten in der Warteschlange vor der Kasse habe ich es endlich geschafft und kann die begehrte Vignette auf meine Frontscheibe kleben.
Aber die nächste Herausforderung lauert gleich hinter der Autobahnauffahrt auf mich.
Aufgrund der Corona Maßnahmen sieht es so aus, als ob am Grenzübergang kräftig kontrolliert wird. Wenn die kilometerlange Autoschlange nicht wäre, würde mich das gar nicht stören. Ich bin doppelt geimpft und habe zusätzlich einen Test vom Vortag in der Tasche.
Als ich allerdings am Grenzposten ankomme stelle ich fest, dass gar nicht kontrolliert wird. Zumindest in dem für mich einsehbaren Zeitraum werden alle Fahrzeuge nach einem kurzen Blick ins Innere einfach durchgewunken. Soviel zum Thema Corona-Kontrollen…
Ab jetzt gilt es den Tacho etwas besser im Auge zu behalten. In Österreich sind auf der Autobahn maximal 130 km/h erlaubt. Für mich ist das kein größeres Problem. Das entspricht ungefähr meiner durchschnittlichen Geschwindigkeit.
Da es immer wärmer wird und die Mittagszeit immer näher rückt, wird es Zeit für eine Pause auf einem österreichischen Parkplatz. Mein Essen habe ich mir, wie immer bei den Rides der IBA, von zu Hause mitgebracht. Dadurch spare ich an den Raststätten viel Zeit, die ich lieber in ein Schläfchen investiere. Also lege ich mich, nachdem ich satt bin auf eine Bank und mache die Augen zu. Geweckt werde ich kurze Zeit später von drei sich lauthals anschreienden Männern. Offensichtlich geht es darum, dass ein Autofahrer auf den Motorradparkplätzen quer geparkt hat, was den beiden Bikern, die das gesehen haben und ihre Motorräder gerne genau auf diesen Plätzen abstellen möchten, überhaupt nicht gefällt. Als der Autofahrer den ersten Kinnhaken von einem seiner Kontrahenten fängt, ziehe ich meinen Helm über und bin blitzschnell wieder auf der Autobahn. Wenn ich für etwas heute keine Zeit habe, sind es lange Zeugenaussagen bei der Polizei…
Die nächsten Kilometer verlaufen zum Glück weniger Spektakulär und so erreiche ich irgendwann am Nachmittag den Zentralfriedhof von Wien. Zum Glück muss man dafür nicht durch die ganze Stadt fahren. Die Autobahn endet in der Nähe des Eingangs, dass Beethovens Grab am nächsten liegt. Idealerweise gibt es in der Nähe auch noch eine Tankstelle. Zusätzlich zu meinem Beweisphoto vom Grab des großen Komponisten kann ich so auch noch mit Hilfe eines Tankbelegs beweisen, dass ich tatsächlich vor Ort war.
Der Wiener Zentralfriedhof ist, zumindest der Teil in dem ich unterwegs bin, wirklich beeindruckend. Alles ist sehr sauber und penibel gepflegt. Die Grabsteine sind sehr kunstvoll gestaltet.
Ich brauche nicht lange bis ich Beethovens letzte Ruhestätte gefunden habe. Zum Glück hatte ich bei der Planung mit Hilfe von Google Maps die genaue Lage des Grabes schon herausgesucht. Kein anderer Besucher blockiert das Motiv und so ist das Photo schnell gemacht und ich bin schon auf dem Rückweg zu meinem Motorrad.
Schnell die Kamera verstaut und schon bin ich wieder auf der Autobahn. Am besten gar nicht darüber nachdenken, dass ich zwar bereits ca. 780 Kilometer hinter mir habe, aber bis zum Abschluss dieses Rides noch gut 1.100 Kilometer vor mir liegen.
Es ist noch immer sehr heiß und so lege ich auf meinem Weg zur Grenze nach Deutschland immer wieder eine kurze Pause ein, um zu trinken und die warme Motorradjacke wenigstens für ein paar Minuten ausziehen zu können. Nur im T-Shirt zu fahren möchte ich auf der Autobahn nicht. Zu groß ist mein Respekt vor einem „Asphalt-Peeling“.
Am Grenzübergang erwartet mich am frühen Abend bei der deutschen Polizei die gleiche Prozedur wie Mittags bei deren österreichischen Kollegen. Erst wird der Verkehr auf Kilometer aufgestaut, um dann am eigentlichen Kontrollpunkt unkontrolliert durchgewunken zu werden.
Nach einem kurzen Abendessen auf einem Rastplatz und dem Wechsel meines durchgeschwitzten T-Shirts mach ich mich bereit meine Tour in der Dunkelheit fortzusetzen. Das ist der Teil meiner Reisen, der mir immer am wenigsten Spaß macht. Mit Einbruch der Dunkelheit leert sich die Autobahn und die Hobby- und Freizeit Rennfahrer haben ihre große Stunde.
Um angenehmer durch die Nacht zu kommen, will ich diesmal einen gelben Aufsatz für meine Brille ausprobieren. Angeblich ist das ermüdungsfreier bei Nachtfahrten für die Augen und man soll Konturen in der Dunkelheit besser erkennen. Dem kann ich nur voll und ganz zustimmen. Gelbe Gläser werden ab sofort immer zu meiner Nachtfahrtausrüstung gehören. Probiert es einfach mal aus. Die passenden Clips gibt es für Brillenträger wie mich schon für kleines Geld.
Gegen 24:00 Uhr fahre ich an meiner Heimatautobahnabfahrt vorbei. Ich wusste schon im Vorfeld, dass das eine Bewährungsprobe werden würde. Da fahre ich an meinem einladenden bequemen Bett vorbei, wohlwissen, dass ich ab jetzt noch ca. 3 Stunden auf der Autobahn verbringen werde.
Aber Aufgeben kommt jetzt natürlich nicht in Frage. Und so bringe ich die nächsten eineinhalb
Stunden hinter mich. Obwohl der Tag lang war, fühle ich mich gut und nicht müde.
Gegen Mitternacht fahre ich durch Bonn und lasse mich von meinem Navi zum Geburtshaus von Beethoven führen. Das es am Anfang der Bonner Fußgängerzone liegt war mir
bis dahin nicht bewusst. Und auch hier habe ich wieder Glück und eine Tankstelle befindet sich in unmittelbarer Nähe. Also erst schnell getankt, wie immer den Beleg mit Uhrzeit und Kilometerstand
dokumentiert und dann am Anfang der Fußgängerzone geparkt und die drei Schritte zum Geburtshaus gelaufen. Das erforderliche Beweisphoto ist schnell gemacht. Mehr Beweis, dass ich wirklich hier
war ist kaum möglich. Ob Beethoven zu Lebzeiten Mal daran gedacht hat, dass sein Elternhaus eines Tages in einer Einkaufsstraße stehen würde?
Aber diese Überlegungen sind wahrscheinlich doch eher der Uhrzeit geschuldet...
Weitere 90 Minuten später habe ich es geschafft. Ich stehe wieder an der gleichen Tankstelle wie vor 22 Stunden in meinem Heimatort und hole mir den finalen
Tankbeleg, der beweist, dass ich nicht nur innerhalb von 22 Stunden in Wien und Bonn gewesen bin, sondern dass ich in dieser Zeit auch 1834 Kilometer gefahren bin und damit auch die Bedingungen
für den Saddle Sore 1600K Ride in der Beethoven Variante erfüllt habe.
Ich muss nur noch meine Photos, die Tankbelege und die übrige Dokumentation an die IBA Germany schicken und werde in den nächsten Tagen die zugehörige Urkunde per
Post erhalten.
Und was habe ich aus dieser Tour gelernt?
Ich stehe immer noch mehr auf Elvis als auf Beethoven...