Iron Butt Association (IBA)
Die IBA ist kein Verein im eigentlichen Sinn. Es gibt keine Mitgliedsbeiträge und keine Vereinsstatuten. Die IBA ist einfach ein Zusammenschluss von Fahrern, die sich dem Langstrecken Motorradfahren verschrieben haben. Zurzeit hat die IBA weltweit ca. 50.000 Mitglieder. Das einzige, was man tun muss um Mitglied zu werden, ist innerhalb von 24 Stunden 1.600 Kilometer mit dem Motorrad zufahren, oder 2500 Kilometer in 36 Stunden, oder einfach nur einen der anderen angebotenen Rides zu absolvieren.
Die Liste reicht dabei von den oben beschriebenen 1.600 Kilometern, bis hin zur IBA Rallye, in deren Rahmen in 11 Tagen mindestens 16.000 Kilometer gefahren werden...
Das Motto der IBA lautet. „The world is our playground“.....
Britt Butt Rallye
Ziel der Rallye ist es, innerhalb von 36 Stunden möglichst viele Bonuspunkte zu besuchen. Jeder Fahrer erhält ein Rallye Book, das die möglichen Bonuspunkte in schriftlicher Form enthält, sowie eine .gpx Datei mit den Koordinaten der Bonuspunkte. Die Bonuspunkte haben unterschiedliche Wertigkeiten. Es stehen mehr Bonuspunkte zur Verfügung, als in der vorgegebenen Zeit angefahren werden können. Die Teilnehmer müssen daher eine eigene Route planen, auf der möglichst viele hochwertige Bonuspunkte besucht werden. Als Beweis, dass der Bonuspunkt angefahren wurde, muss vor Ort ein Foto gemacht werden, auf dem die Rallye Fahne, mit der Startnummer des Teilnehmers deutlich zu sehen ist.
Es regnet…Kein Nieselregen, kein Sprühregen, sondern richtig heftiger Regen, der versucht irgendeinen Weg in meinen Regenkombi zu finden. Die Uhr im Cockpit meiner Kawasaki zeigt 22:00 Uhr. Mittlerweile sitze ich seit 16 Stunden im Sattel. Ich fahre Schrittgeschwindigkeit auf einer dunklen Single Track Road mitten im Nirgendwo von Wales. Im Scheinwerferlicht kann ich freilaufende Schafe sehen, die offensichtlich nur darauf warten, knapp vor meiner Maschine die Straße zu kreuzen. Bereits das dritte Mal habe ich auf dieser schmalen Straße vorsichtig gewendet. Schon drei Mal bin ich durch einen Ort namens „Ystumtuen“ gefahren. Zumindest behauptet das Navi, dass ich schon drei Mal in diesem Ort war. Ich suche irgendein Schild mit dem Namen des Ortes drauf. Mir ist kalt, ich habe Hunger und ich bin müde.
Und trotzdem habe ich einen riesen Spaß und möchte jetzt um keinen Preis an keinem anderen Ort sein…
2 Tage zuvor:
Langsam tauchen die Kreidefelsen von Dover am Horizont auf. Die Sonne steht strahlend am Himmel und es ist so warm, dass ich die Überfahrt von Dünkirchen über den Kanal an Deck der Fähre verbringe. Ich bin auf dem Weg nach Leicester, dem Ausgangspunkt der diesjährigen Britt Butt Rallye. Ich reise bereits einen Tag früher an. Ohne Zeitdruck und Stress möchte ich die fast 800 Kilometer lange Anreise hinter mich bringen. Mich vor dem Beginn der Rallye noch etwas ausruhen und Freunde aus der IBA Szene treffen.
Als ich in Dover die Rampe der Fähre herunter fahre, stelle ich zu meinem Schrecken fest, dass mein Navi nicht hochfährt. Wenn jetzt mein Navi ausfällt wäre das der Super-Gau! Das wäre das Ende meiner Teilnahme an der Britt Butt Rallye bevor ich überhaupt eingecheckt habe…
Nach einigen Kilometern, die meinen Nerven keinen Gefallen tun, finde ich eine Tankstelle, an der ich gefahrlos halten kann. Was mag mit dem Navi nicht stimmen? Auf der Anreise nach Dünkirchen hat es ohne zu murren seinen Dienst getan. Vielleicht hilft ein Neustart? Leider bleibt auch diese Maßnahme ohne Erfolg! Das kann doch nicht wahr sein! Aber manchmal hilft „viel“ eben doch „viel“. Nach dem fünften (!) Durchstarten meines Navis hat es sich damit abgefunden jetzt auf der linken Straßenseite arbeiten zu müssen und funktioniert, als wäre nie etwas gewesen. Jetzt erst einmal durchatmen und hoffen, dass diese Aktion nur ein einmaliger Aussetzer war.
Von Dover zum Hotel „“Premier Inn Leicester Fosse Park, dem Hauptquartier der Rallye sind es ca. 320 Kilometer. Soll ich die Strecke wie geplant über Landstraße hinter mich bringen oder vielleicht doch besser die schnellere Variante über die Autobahn wählen? Die Hitze scheint über Dover zu stehen und die Aufregung mit meinem Navi hat mich ziemlich geschlaucht. Ich werde in den nächsten Tagen noch genügend auf kleinen und kleinsten Straßen unterwegs sein. Es kann also nicht schaden, etwas früher im Hotel anzukommen. Also schlage ich kurzentschlossen den Weg zur Autobahn M2 ein. Schon nach wenigen Kilometern kommen mir die ersten Zweifel, ob das die richtige Entscheidung war. Der Verkehr verlangsamt sich zusehend und schließlich derart, dass ich mich entschließe die Blechlawine vor mir, mit eingeschalteter Warnblinkanlage auf dem Standstreifen zu überholen. Manchmal heiligt der Zweck eben doch die Mittel. Das was ich gerade tue mag nicht erlaubt sein, aber im Gegensatz zu allen Blechdosenfahrern habe ich keine Klimaanlage in meinem Motorradkombi. Im Augenblick reicht mir das als Argument für mein Handeln absolut aus. Ob die britische Polizei das auch so sieht? Ich brauche mir allerdings nicht lange darüber Gedanken zu machen, da nicht viel weiter schon die Blinkleuchten von Polizei, Feuerwehr und Rettungsdienst zu sehen sind. Die Autobahn ist nach einem schweren Unfall voll gesperrt. Da ich bei den Rettungsarbeiten nicht zusehen möchte, reihe ich mich in einiger Entfernung zur Unfallstelle wieder in die Fahrspur ein. Um es kurz zu machen….Die nächsten drei Stunden werde ich mich keinen Zentimeter von der Stelle bewegen. Drei Stunden Stillstand! Drei Stunden in Motorradkleidung ohne einen Hauch von Schatten in der prallen Sonne stehen. Ihr könnt Euch vielleicht vorstellen, was ich meine…
Meine letzte Wasserflasche ist schon lange geleert, als sich der Stau endlich auflöst. Es ist mittlerweile fast 20:00 Uhr. Da ich heute Abend nicht zwingend in Leicester ankommen muss, lasse ich mir von meinem Navi dabei helfen, ein Motel in der Nähe zu finden. Die Aussicht auf eine erfrischende Dusche und ein kaltes Bier sind einfach zu verlockend…
Nach acht Stunden Premiumschlaf und einem schnellen Frühstück an der nächsten Tankstelle, setzte ich meine Fahrt am frühen Morgen ausgeruht fort.
Heute läuft alles einwandfrei. Das Navi arbeitet ohne Probleme und die Straßen sind fast leer. Ohne weitere Schwierigkeiten treffe ich gegen 11:00 in Leicester ein. Ein abgetrennter Bereich des Parkplatzes ist für IBA Fahrer reserviert. Kaum abgestiegen treffe ich schon auf die ersten bekannten Gesichter. Da ich mein Zimmer im Voraus reserviert, und gestern Abend online eingecheckt habe, ist auch das schnell erledigt.
Ab 14:00 Uhr beginnt das offiziellen Rallye Check In. Als einer der ersten Fahrer stehe ich vor der Tür des als Rallye Büro angemietetes Besprechungszimmers des Hotel. Im ersten Schritt wird geprüft, ob ich tatsächlich angemeldet bin. Anschließend wird mit meiner Kamera, die ich später zur Dokumentation meiner Bonuspunkte verwenden werde, eine Aufnahme von mir gemacht. Dadurch soll sichergestellt werden, dass ich in zwei Tagen bei der Auswertung tatsächlich meine eigenen Bilder vorzeige.
Zum Abschluss wird mir noch ein Laufzettel ausgehändigt. Mit diesem Zettel muss ich mich zunächst vor dem Hotel mit meiner Kawasaki zum „Technical check“ melden. Hier erwartet mich eine Untersuchung, die ein wenig an den TÜV bei uns in Deutschland erinnert. Es werden Beleuchtung und Blinker kontrolliert, die Profiltiefe der Reife gemessen und mein aktueller Kilometerstand notiert. Alles kein Problem. Meine Versys hat schließlich erst 1800 Kilometer auf der Uhr. Damit halten sich Alters- und Abnutzungserscheinungen noch sehr in Grenzen. Zum Schluss muss ich sogar noch meinen Motorradführerschein vorzeugen.
Doch damit noch nicht genug. Jetzt gilt es eine exakt 35 Kilometer lange Strecke auf der nahe gelegenen Autobahn abzufahren. Mittels diese „ODO-Check“ (Odometer) genannten Prozedur soll die Abweichung meines Tachos zur tatsächlichen Kilometerzahl überprüft werden. Durch diese Prozedur soll sichergestellt werden, dass auf der späteren Teilnahmeurkunde die tatsächlich gefahrene Distanz steht. Bei der IBA hat schließlich alles seine Ordnung.
Damit ist für heute Nachmittag alles erledigt und bevor es am Abend weitergeht, gönne ich mir noch ein wenig Schönheitsschlaf. Denn Schlaf ist etwas, was ich in den nächsten Tagen sicherlich nicht im Übermaß bekommen werde.
Den Wecker stelle ich auf 18:15 Uhr, denn um 18:30 Uhr findet ein verpflichtendes Treffen für alle Teilnehmer statt, die das erste Mal an der Brit Butt Rallye teilnehmen. Ich bin überrascht über die doch recht hohe Anzahl an Fahrern, die sich in einem großen Raum des Hotels zusammenfinden. Die Einweisung ist schnell erledigt und eigentlich in zwei Sätzen zusammengefasst: 1. „Die Brit Butt Rallye ist kein illegales Straßenrennen“, 2. „Das wichtigste Ziel der Rallye ist es, gesund und in einem Stück zum Rallye Hauptquartier zurückzukommen“.
Um 19:00 Uhr treffen sich anschließend alle Fahrer zum gemeinsamen Abendessen. Nach dem Essen werden die „Rallye Books“ ausgegeben. Dann wird endlich klar werden, welche Aufgaben sich der Rallye Master in diesem Jahr für die Teilnehmer hat einfallen lassen.
Beim Essen ist die Anspannung förmlich greifbar. Es wird ausgiebig darüber spekuliert, welche Aufgaben bevorstehen. Gerüchte und Befürchtungen machen die Runde: „Navigation nach Karte, ohne GPS Geräte“? „Ein Abstecher nach Frankreich“? „Welche Sonderaufgaben wird es geben“?
Kaum ist der letzte Bissen des Abendessens heruntergeschluckt, machen sich alle Fahrer auf den Weg in einen Saal des Hotels. Nach einer kurzen Ansprache des Rallye Masters und dem nochmaligen Hinweis, dass das wichtigste Ziel der Rallye die unfallfrei Rückkehr ins Hotel ist, wird die diesjährige Aufgabe erklärt:
Jeder Fahrer erhält eine Liste, auf der alle 46 Counties von England, Schottland und Wales aufgeführt sind. Pro County sind in der Liste zwischen 1 und 7 Ortschaften aufgeführt. Die erste besuchte Ortschaft zählt einen Punkt, der zweite Ort 2 Punkte, der dritte Ort 4 Punkte , der vierte Ort 8 Punkte, der fünfte Ort 16 Punkte, der sechste Ort 32 Punkte und der siebte Ort 64 Punkte. Jedes besuchte County gilt als Multiplikator. Für den Besuch von England, Wales und Schottland gibt es ebenso Sonderpunkte, wie für eine nachgewiesene Pause von mindestens 4 Stunden. Als Beweis, dass der Fahrer tatsächlich vor Ort war, muss ein Photo mit der ausgehändigten Rallye Fahne gemacht werden, auf dem irgendetwas zu sehen ist, dass den Namen des besuchtes Ortes beinhaltet. Das kann zum Beispiel der Schaukasten einer Kirche oder ein Pub sein. Das Orteingangsschild darf maximal 5-mal verwendet werden.
Zusätzlich zu Liste und Rallye Fahne erhält jeder Fahrer einen USB Stick, auf dem alle Ortschaften in einer .gpx Datei hinterlegt sind.
Die Rallye startet Samstagmorgen um 06:00 Uhr und endet Sonntagabend um 17:00 Uhr. Bis 18:00 kann man noch im Ziel erscheinen, allerdings werden aufgrund der Verspätung dann Punkte abgezogen. Ab 18:00 Uhr gilt man als „Did not finisch (DNF)“. Die wohl größte Schmach für jedes IBA Mitglied.
Ups…Das klingt nach einer harten Nuss. Kurze Zeit später sitze ich mit den Unterlagen, meinem Laptop und einer Straßenkarte von Großbritannien auf meinem Zimmer und mache mich an die Planung.
Nach 2 Stunden Arbeit ist folgende Route dabei herausgekommen:
Wobei ich gestehen muss, dass ich mich nicht primär von den höchsten Punkten habe leiten lassen, sondern von meinem Wunsch besonders viel von Wales zu sehen.
Es ist mittlerweile fast Mitternacht und es wird Zeit, noch etwas Schlaf zu bekommen…
Um 04:30 Uhr ist die Nacht für mich zu Ende. Es sind zwar noch 90 Minuten bis zum Start, aber das Adrenalin in meinem Körper hält mich von weiteren Bemühungen um Schlaf ab. Also packe ich in Ruhe meine Sachen, checke noch einmal meine Route und bin tatsächlich der erste Teilnehmer an der Startlinie. Einige Offizielle sind allerdings schon vor mir da. So bleibt mir genügend Zeit mein Motorrad vorzubereiten und zu beobachten, was die anderen Teilnehmer so treiben. Da werden Navis programmiert und letzte Tipps über die vorausgesagte Wetter- und Verkehrslage ausgetauscht.
Um kurz vor 06:00 Uhr ist es so weit. „Start you engines!“ Alle Fahrer sitzen auf ihren Maschinen und warten darauf, dass einer nach dem anderen das Zeichen zum Start bekommt und den Hotelparkplatz verlassen darf.
Ein Motorrad steht unberührt und gesichert auf dem Parkplatz. Sein Fahrer scheint tatsächlich noch im Bett liegen!
Los geht´s! Ich bin an der Reihe. Da die Straße vor dem Hotel kurz gesperrt ist, kann ich sofort nach rechts Richtung erstem Kreisel, der mich auf die Autobahn bringen soll, abbiegen. Die Autobahn Richtung Norden scheint das Ziele der meisten Fahrer zu sein. Eine Maschine nach der anderen vor mir, nimmt die entsprechende Abfahrt. Und was mache ich?!? Ich schaue den anderen fasziniert zu und nehme die verkehrte Auffahrt! Das fängt ja gut an! Noch keine 5 Minuten unterwegs und schon die ersten Navigationsfehler. Mal sehen, wie das in 36 Stunden läuft. Aber es hilft nichts. Das Navi korrigiert meinen Fehler zum Glück automatisch und die viertel Stunde, die ich jetzt verliere, werde ich versuchen im Laufe des Tages wieder einzuholen.
Die Temperatur ist in England noch erträglich. Hier soll es heute wieder hochsommerlich warm werden. Für Wales, wohin mich mein Weg gegen Mittag führen wird, ist allerdings „Spätherbst“ angesagt. Regen und kühle Temperaturen.
Nach knapp zwei Stunden Fahrt habe ich mein erstes Ziel erreicht. „Yoxall in Staffordshire“.
Der Ort ist relativ groß und so kann ich mir den Platz für mein Beweisfoto nach der besten Parkmöglichkeit aussuchen. Der „Village Store“ hat zwar noch geschlossen, dafür hat er allerdings ein schönes großes Firmenschild. Meine Rallyefahne platziere ich einfach auf einem vor dem Geschäft parkenden Auto.
Land |
County |
Ort |
Beweisfoto |
England |
Staffordshire |
Yoxall |
Supermarkt |
England |
Derbyshire |
Yeaveley |
Pub |
England |
Staffordshire |
Yarnfield |
Dorfgemeinschaftshaus |
England |
Shropshire |
Yorton |
Ortseingangsschild |
England |
Shropshire |
Yorton Heath |
Ortseingangsschild |
England |
Shropshire |
Yeaton |
Schaukasten Nachbarschaftshilfe |
England |
Shropshire |
Yockleton |
Schaukasten Kirche |
Wales |
Flintshire |
YR HOB (Hope) |
Autohändler |
Wales |
Flintshire |
YR Wyddrug (Mold) |
Lagerhalle |
Wales |
Flintshire |
Ysceifiog |
Dorfgemeinschaftshaus |
Wales |
Conwy |
Ysbytyifan |
Rathaus |
Wales |
Ceredigion |
Ynyslas |
Golfclub |
Wales |
Ceredigion |
Ystumtuen |
Ortseingangsschild |
Wales |
Ceredigion |
Ysbyty Cynfyn |
Tafel zur Ortsgeschichte |
In England ist das Wetter noch auf meiner Seite. Sonnenschein und angenehm warme Temperaturen begleiten mich. Aber kaum habe ich die Grenze zu Wales überschritten, wechselt das Wetter plötzlich von Frühsommer zu Spätherbst. Es regnet, es ist kalt…kurz gesagt, einfach nur ungemütlich. Aber auf solche Nebensächlichkeiten kann bei der Jagd nach Bonuspunkten keine Rücksicht genommen werden…
Auch die gut ausgebauten Straßen, auf denen ich in England unterwegs war, können nicht gegensätzlicher zu den Single Track Roads sein, die ich zum Teil in Wales befahren muss, um zu den geplanten Ortschaften zu kommen. Dass es dabei in einer Tour regnet, der Nebel über den schmalen Wegen liegt und frei laufende Schafe am Straßenrand anscheinend nur darauf warten, vor mein Vorderrad zu laufen, macht das Fahren nicht unbedingt einfacher. Besonders nicht, nachdem die Sonne untergegangen ist.
Der kleinste Ort den ich gegen 22:00 Uhr suche,heißt „Ystumtuen“. Auf einer kleinen Anhöhe gelegen, besteht er nur aus einer Farm, einem Haus und einem See. Nachdem ich dreimal den kleinen Ort durchquert habe, ohne etwas mit dem Ortsnamen darauf oder auch nur ein Ortseingangsschild zu finden, beschließe ich, den Ort unverrichteter Dinge wieder zu verlassen und leider auf diesen Bonuspunkt zu verzichten. Als ich die Anhöhe wieder herunterfahre entdecke ich zum Glück allerdings doch noch ein einsames Ortseingangsschild. Glück gehabt.
Nachdem ich noch einen letzten Bonuspunkt in Wales besucht habe, mache ich mich gegen 24:00 Uhr wieder auf den Weg Richtung England. In Wales finden sich leider keine Motels, sondern in der Regel eher kleine Bed & Breakfast Unterkünfte. Diese sind zwar günstiger als ein Motel, für meine Zwecke aber leider nicht geeignet. Es gibt wahrscheinlich nicht viele private Herbergen, die davon begeistert sind, wenn gegen 01:00 Uhr jemand klingelt und ein Zimmer für die nächsten vier Stunden haben möchte.
Gegen 01:30 Uhr habe ich es geschafft. Bereits dicht hinter der englischen Grenze finde ich ein Premier Inn, dass noch ein Zimmer für mich hat. Den Wecker stelle ich auf 05:30 Uhr. Um 06:00 Uhr möchte ich getankt und gefrühstückt haben. Für eine nachgewiesene Pause von mindestens vier Stunden erhält jeder Fahrer derart viele Bonuspunkte, dass sich diese einfache Art Punkte zu sammeln niemand entgehen lässt. Die Dauer der Pause wird durch maschinengedruckte Quittungen nachgewiesen. In meinem Fall die Rechnung vom Motel mit der Uhrzeit der Kreditkartenzahlung und ein Tankbeleg 4,5 Stunden später.
Leidlich erfrischt sitze ich tatsächlich um 06:00 wieder im Sattel und sammle die nächsten Bonuspunkte in England ein. Ich habe Zeit bis 17:00 Uhr wieder im Rallye Hauptquartier in Leister zu erscheinen. Allerdings gelte ich erst dann als über die Ziellinie gefahren, wenn ich auch meinen Vordruck zur Dokumentation meiner angefahrenen Bonuspunkte ausgefüllt und abgegeben habe.
Mein Plan sieht vor, bereits um 15:00 Uhr im Ziel zu sein. Das verschafft mir 2 Stunden Puffer, falls noch etwas Unvorhergesehenes passieren sollte. Die Dokumentation sollte nicht viel Zeit in Anspruch nehmen, da ich schon unterwegs jeden Bonuspunkt eingetragen habe.
Das englische Wetter straft heute seinem Ruf Lügen. Die Sonne steht strahlend hoch am Himmel und es ist fast schon zu warm.
Folgende Ziele fahre ich im Laufe des Tages in England an:
Land |
County |
Ort |
Beweisfoto |
England |
Northamptonshire |
Yelvertoft |
Schule |
England |
Northamptonshire |
Yardley Hastings |
Gemeinde Aushang |
England |
Bedfordshire |
Yelden |
Pub |
England |
Cambridgeshire |
Yaxley |
Social Club |
England |
Northamptonshire |
Yarwell |
Dorfgemeinschaftshaus |
England |
Cambridgeshire |
Yelling |
Holzschild |
England |
Northamptonshire |
Yardley Gobion |
Holzpfahl |
In Yardley Gobion besuche ich meinen letzten Bonuspunkt. Nachdem ich das Beweisfoto gemacht habe, suche ich mir einen Platz in der Sonne und bringe meine Dokumentation auf Vordermann. Kaum habe ich damit angefangen, erscheint ein weiterer deutscher Fahrer, um an dieser Stelle sein Foto zu machen. Das „Spielbrett“ ist riesengroß und trotzdem sieht man gelegentlich unterwegs andere Teilnehmer.
In aller Ruhe mache ich mich auf den Weg für die letzten Kilometer ins Hotel. Ich habe alle Zeit der Welt. Mein Zeitplan scheint tatsächlich aufzugehen.
Um 15:00 Uhr wollte ich zurück sein. Um 14:57 Uhr biege ich auf den Parkplatz des Premier Inn in Leicester ein. Ich glaube, niemand ist über diese Punktlandung mehr überrascht als ich.
Ein Gefühl der Erleichterung macht sich in mir breit, als ich den Seitenständer der Kawasaki das letzte Mal für heute ausklappe. Ich bin wieder heil zurück und auf jeden Fall als „Finisher“ im Ziel. Das fühlt sich schon mal gut an.
Kaum bin ich abgestiegen, erscheint schon ein Mitglied des Organisationsteams und notiert meine Ankunftszeit sowie meinen Kilometerstand.
Ich suche mir einen ruhigen Platz in der Hotelhalle, kontrolliere in Ruhe ein letztes Mal meine Dokumentation und nehme finale Korrekturen vor. Ich kann nur hoffen, auf einen Wertungsrichter zu treffen, der meine schreckliche Handschrift lesen kann…
Gegen 16:00 Uhr gebe ich meine Unterlagen ab und gelte damit offiziell als „eingecheckt“. Bevor ich mich an der Rezeption um mein reserviertes Zimmer kümmern kann, werde ich schon aufgerufen, damit einer der Wertungsrichter gemeinsam mit mir meine Beweisfotos und meine Dokumentation abgleichen kann.
Da es weder an meinen Bildern, noch an meinen Unterlagen etwas auszusetzten gibt, ist diese Arbeit schnell erledigt.
Nun heißt es Geduld haben. Für 19:00 Uhr ist ein gemeinsames Abendessen aller Fahrer angesetzt. Erst im Anschluss werden wir uns wieder alle in einen der vielen Säle des Hotels begeben und erfahren, welchen Platz wir belegt haben.
Die Zeit bis zum Abendessen nutze ich für einen ausgiebige Dusche, etwas Schlaf und ein kaltes Bier. Na gut…Ihr könnt es Euch denken…Das Bier kam natürlich zuerst…
Den meisten Fahrern merkt man die Erschöpfung während des Abendessens an. Ich fühle mich frischer, als ich erwartet hätte. Mal sehen, wie lange diese Zustand anhält und mich die Müdigkeit übermannen wird.
Die Auswertung zieht sich in die Länge und es ist 22:00 Uhr bis sich alle Fahrer in einem der Säle des Hotels versammeln. Der Rallyemaster und der Präsident der IBA UK geben eine kurze Zusammenfassung über den Ablauf der Rallye. Das wichtigste zuerst. Alle Teilnehmer sind gesund und munter. Es haben zwar nicht alle rechtzeitig über die Ziellinie geschafft, aber niemand hatte einen Unfall. Die Ausfälle beruhen alle auf technischen, gesundheitlichen oder zu später Rückkehr ins Rallye Hotel.
Ein Name nach dem anderen wird vorgelesen und der jeweilige Fahrer geht nach Vorne und nimmt die Gratulationen und seine Urkunde in Empfang.
Ich selbst finde mich auf Platz 27 wieder. Ich habe in 36 Stunden 1903 Bonuspunkte gesammelt und bin dabei 1136,5 Kilometer gefahren.
Ein Ergebnis mit dem ich zufrieden bin, dass sich im nächsten Jahr aber vielleicht noch verbessern lässt.
Nachdem jeder Fahrer eine Urkunde erhalten hat und die drei Bestplatzierten zusätzlich einen Siegerpokal in Empfang genommen haben, verlagert sich die Veranstaltung in die Hotelbar und bei dem ein oder anderen Glas Bier machen frische Rallye Erlebnisse und neue Erfahrungen die Runde.
Gegen Mittnacht hat mich die Müdigkeit dann doch geschafft. Ich verabschiede mich von den anderen Teilnehmern und kaum liege ich in meinem Bett, bin ich auch schon eingeschlafen…
Um 06:00 Uhr am nächsten Morgen sitze ich aber schon wieder im Sattel. Heute will ich in einem Rutsch nach Hause fahren. So liegen gut 850 Kilometer plus Fähre vor mir. Da heute Feiertag in Großbritannien ist, erreiche ich den Fährhafen in Dover bereits kurz vor 10:00 Uhr. Eigentlich bin ich für 14:00 Uhr reserviert. Ich kann aber problemlos und ohne weitere Kosten auf die 12:00 Uhr Fähre umbuchen.
Die Überfahrt verläuft ganz ruhig und auch die Fahrt durch Deutschland ist unspektakulär.
Gegen 21:00 Uhr bin ich zurück im Taunus. Knappe 3000 Kilometer in 5 Tagen liegen hinter mir.
Beim Absteigen scheine ich auch jeden einzelnen Kilometer in den Knochen zu spüren.
Aber das breite Lächeln in meinem Gesicht bestätigt, dass sich jeder einzelne davon gelohnt hat…