Brit Butt Rallye 2022

Die Britt Butt Rallye 2021 war für mich alles andere als ein Erfolg. Wer meinen damaligen Reisebericht gelesen hat, erinnert sich vielleicht an die ganzen Komplikationen und Schwierigkeiten, die mich damals dazu veranlasst hatten, die Rallye abzubrechen und vorzeitig die Heimreise anzutreten. Das Chaos begann mit meinen Problemen, den damals in Großbritannien am Tag nach der Einreise vorgeschriebenen Corona Test zu bekommen und endete mit dem Ausfall meiner Beleuchtung nach Einbruch der Dunkelheit. (Siehe auch Brit Butt Rallye 2021 - motorradwanderers Webseite!)     

 

Ein Jahr später, im September 2022 ist es endlich soweit. Die nächste Brit Butt Rallye steht an und somit eine neue Chance es diesmal über die Ziellinie zu schaffen. Nach 2017 soll es in diesem Jahr wieder eine erfolgreiche Rallye in Großbritannien für mich geben.

 

 

Und so steht an einem kühlen Donnerstagmorgen gegen 06:00 Uhr meine Kawasaki fertig gepackt im Hof und wartet nur darauf, dass wir uns gemeinsam auf den Weg in das nächste Großbritannien Abenteuer machen. 

Davon trennen uns aber erst einmal 912 Kilometer von meinem Zuhause im Taunus bis zum Rallye Hauptquartier im Holiday Inn Hotel in Coventry.

 

Aber jetzt gilt es erst einmal auf die Insel kommen. Dabei soll mir der Zug durch den Eurotunnel helfen. Der liegt 553 Kilometer bzw. 5,5 Fahrstunden entfernt in Calais.  Mein Zugticket habe ich für die Verbindung um 14:20 gekauft. Da man mindestens eine Stunde vor Abfahrt in Calais einchecken muss, bleibt mir also ein Zeitpuffer von 1,5 Stunden.  

       

Also gut…Los geht´s. Um die Uhrzeit ist auf der Autobahn in Deutschland nicht viel los. So könnte es bleiben, aber in Belgien sieht die Verkehrslage schon etwas anders aus. Hier sind wesentlich mehr Fahrzeuge unterwegs und ich fahre von einem Stau in den nächsten. Zum Glück sind die Verkehrsbehinderungen aber immer nur von kurzer Dauer. Einmal lotst mich mein Navi, das mit Hilfe meines Handys mit dem Verkehrsfunk gekoppelt ist, von der belgischen Autobahn auf einen halbstündigen Landstraßen Umweg. In Frankreich läuft es dann schon wieder besser. Trotzdem ist, als ich endlich den Eurotunnel in Calais erreiche, mein Zeitpuffer von 1,5 Stunden auf 20 Minuten zusammengeschrumpft. Vielleicht waren 90 Minuten etwas knapp kalkuliert, aber am Ende hat es auf jeden Fall gereicht.

 

Beim Check In für meinen geplanten Zug bekomme ich sogar noch das Angebot einen Zug zu nehmen, der eine halbe Stunde früher abfährt. Ein Angebot, dass ich gerne annehme. Schnell und ohne Komplikationen bringe ich die französische und auch die britische Passkontrolle, die ebenfalls auf der französischen Seite stattfindet, hinter mich.

 

 

Und so rolle ich knapp 30 Minuten, nachdem ich in Calais angekommen bin, mit meinem Motorrad bereits in den Eurotunnel Zug. Die Fahrt nach Folkestone in England dauert knapp 30 Minuten und ist wesentlich unkomplizierter als mit der Fähre über den Ärmelkanal. Das Motorrad muss nicht festgezurrt werden und ich kann einfach neben dem Motorrad stehen bleiben. Jetzt gilt es nur noch auszublenden, dass der Eurotunnel auf einer Länge von 50,45 Kilometern in einer Tiefe von 45 bis 75 Meter unter dem Ärmelkanal verläuft…

Doch wie zu erwarten verläuft die Fahrt ohne Probleme. Das Verlassen des Zuges in Folkestone funktioniert reibungslos und wesentlich schneller, als es auf einer der Kanalfähren jemals möglich wäre. Jetzt nur noch 259 Kilometer bis zum Holiday Inn Hotel in Coventry. Da ich bereits das vierte Mal in Großbritannien mit dem Motorrad unterwegs bin, kann mich der Linksverkehr nicht mehr schrecken. Bei meinen ersten Besuchen auf der Insel hatte ich noch an jedem Seitenspiegel ein Heftpflaster mit der der Aufschrift „LINKS“ kleben, plus einer Skizze im Tankrucksack wie man abbiegt und wie man sich im Kreisverkehr verhält. Das ist zum Glück nicht mehr notwendig. Die Autobahn in England ist nicht sonderlich voll und so komme ich gut voran. Da Queen Elisabeth II erst vor wenigen Tagen verstorben ist und ihre Beisetzung noch während meines geplanten Aufenthalts auf der Insel stattfinden soll, bin ich etwas skeptisch, wie sich der Straßenverkehr auf meine Fahrten auswirken wird. Bis jetzt ist jedenfalls nichts zu spüren.

 

 

Gegen 17:30 Ortszeit (in Großbritannien muss die im Vergleich zur Uhrzeit in Deutschland die Uhr eine Stunde zurückgestellt werden) erreiche ich endlich mein Hotel in Coventry. 

Eingecheckt, geduscht und umgezogen. Schließlich bin ich mit meinem Freund Tommy, der ebenfalls bereits am Vorabend der Rallye angereist ist, verabredet. Was nun folgt, ist ein kurzweiliger Abend im Hotel mit einem leckeren Abendessen und dem ein oder anderen Bier. Die britische Braukunst bleibt an dieser Stelle, wie in jedem meiner Tourenberichte von der Insel, aus diplomatischen Gründen unkommentiert…

 

Da die Check In Prozedur für die Rallye erst um 14:00 Uhr beginnt habe ich am nächsten Tag den Vormittag zur freien Verfügung. Aufgrund der Zeitverschiebung bin ich recht früh wach. Also nutze ich die Zeit um all meine elektronischen Helferlein aufzuladen und das Internet, dass ich später am Abend unbedingt für die Planung meiner Rallyeroute brauchen werde, zu prüfen.

 

Um halb neun bin ich mit meinem Freund Tommy zum Frühstück verabredet. Im Anschluss muss er noch einige Kleinigkeiten an seinem Motorrad richten. Ich möchte, wenn ich schon einmal in Coventry bin, die Gelegenheit nutzen und den Combee Country Park sowie die im 2. Weltkrieg zerstörte Kathedrale besuchen. 

 

 

Bei herrlichem Sonnenschein und frischen, aber nicht kalten Temperaturen führt mich mein Weg zunächst zum Combee Country Park. Mit dem Motorrad nur 9 Minuten Fahrzeit. Ein wunderschöner großer Park, der mit Wäldern, Teichanlagen, Tieren und historischen Gebäuden durchsetzt ist. Über eine Stunde verbringe ich staunend und beeindruckt in dieser äußerst gepflegten Anlage, in deren Zentrum ein großes Herrenhaus thront. 

Aber ich möchte den „freien“ Vormittag so gut wie möglich ausnutzten. So mache ich mich auf den Weg zur alten Kathedrale von Coventry. Erfreulicherweise liegen meine heutigen Ausflugsziele dicht beieinander. Und so bin ich bereits 14 Minuten später an meinem neuen Ziel. Am 14. November 1940 wurde die Kathedrale bei einem Bombenangriff der deutschen Luftwaffe fast vollständig zerstört. Nur der Kirchturm und die äußeren Wände blieben erhalten. Bis heute sind diese Ruinen ein gottesdienstlich genutzter Ort und verströmen eine ganz besondere Atmosphäre. Gerade heute, wenige Tage nach dem Tod von Queen Elisabeth II, versammeln sich hier viele Menschen um am alten Altar der Kathedrale Blumen abzulegen und um sich in der in unmittelbarer Nachbarschaft gelegen neuen Kathedrale in Kondolenzbücher einzutragen. Eine sehr beindruckende Szenerie. 

Es fällt mir schwer mich loszulösen aus dieser Mischung von Weltkriegsschrecken und Trauer um eine verstorbene Monarchin. Aber ich möchte zurück zum Hotel, auf dem Weg für ein schnelles Mittagessen anhalten und mich dann beim Rallye Check In melden, der wie gesagt um 14:00 Uhr beginnt.  Auf meinem Rückweg kann ich zudem 2 Dinge prüfen, die mir helfen könnten eine Idee vielleicht in die Tat umzusetzen. Bei meiner Teilnahme an der Brit Butt Rallye 2017 und 2021 hatte ich massive Probleme ein Zimmer für meinen Nightstop während der 36 Stundendauernden Rallye zu finden. Meiner Meinung nach verbringen alle Briten ihre Wochenenden nicht in ihren Wohnungen, sondern ziehen ab Freitag ins Hotel….

Wenn es die Lage der Bonuspunkte und meine Planung zulassen, könnte ich meine Zwischenübernachtung vielleicht im Hotel des Rallye Hauptquartiers verbringen. Zumindest habe ich das Hotel für die nächsten 4 Nächte vorsichtshalber durchgebucht. Im schlechtesten Fall habe ich eine Nacht verschenkt. Damit meine Übernachtung im Rallye Hauptquartier allerdings schon einmal theoretisch funktioniert, möchte ich schon jetzt checken, ob ich in unmittelbarer Nähe des Hotels eine Möglichkeit finde, anhand von zwei automatisch erstellten Belegen, eine zu Beginn meiner Pause, eine zum Ende meiner Pause, zu belegen, dass ich die Jagd auf Punkte tatsächlich für einige Stunden unterbrochen habe. In unmittelbarer Nähe des Hotels liegt eine 24 Stunden am Tag geöffnete Automatentankstelle. Da ich sowieso tanken muss, kann ich dabei gleich die Qualität der Tankquittung überprüfen. Und wunderbar, in bester Druckqualität stehen auf dem Beleg die richtige Adresse, die korrekte Uhrzeit und das heutige Datum. In Ordnung, dass würde theoretisch schon einmal passen.

 

Um Punkt 14:00 Uhr melde ich mich beim Check In der Rallye. Der erste Schritt dieser Prozedur findet in einem kleinen Besprechungsraum des Hotels statt. Hier muss ich eine Verzichtserklärung für einen eventuellen Schadensfall während der Rallye unterschreiben. Im Anschluss kann ich meine Rallyefahne in Form einer Tasche in Empfang nehmen. Meine Startnummer ist die „17“. Das eine Tasche als Rallyefahne sehr praktisch ist, werde noch feststellen. Anschließend geht es für mich direkt zur technischen Inspektion. Hier muss ich zunächst meinen Führerschein und meine grüne Versicherungskarte vorzeigen. Danach wird meine Beleuchtung (die hatte im letzten Jahr an dieser Stelle auch noch funktioniert) und die Profiltiefe meiner Reifen kontrolliert.

 

Nachdem das beendet ist, geht es weiter zum „Odometer Check“. Hier gilt es eine zuvor festgelegte Strecke, für die ich im Vorfeld die GPX Daten bekommen habe, abzufahren. Damit wird die Differenz zwischen den tatsächlich gefahrenen Kilometern und den auf meinem Tacho angezeigten Kilometern errechnet. Mit Hilfe dieser Berechnung kann später auf den Urkunden der Teilnehmer die tatsächlich im Rahmen der Rallye zugelegte Entfernung eingetragen werden.

Nach Erledigung all dieser Formalitäten verbleibt mir noch eine Stunde bis zum gemeinsamen Abendessen mit anschließender Ausgabe der Rallye Books, das alle Bonuspunkte enthält. Erst dann kann ich mit der eigentlichen Planung meiner Route beginnen. Und wo könnte ich diese freie Stunde besser verbringen, als an der Hotelbar…?  

  

Nach einem italienischen Buffet halte ich es endlich in den Händen. Das Rallye Book der Brit Butt Rallye 2022. Thema „Burgen & Schlösser“. Das bereits im Vorfeld verbreitete Hintergrundbild der diesjährigen Rallye hat das Thema schon erahnen lassen. Also nichts wie ab auf mein Zimmer und die Route für die 36 Stunden der Rallye geplant.

Zwei Stunden später steht mein Plan fest. In Form einer liegenden Brezel will ich versuchen am Samstag in Wales und am Sonntag in England so viele Burgen und Schlösser wie möglich einzusammeln. Diese Route hätte auch den Vorteil, dass ich tatsächlich in meinem bereits gebuchten Zimmer im Rallye Hauptquartier in Coventry den vorgeschrieben Nightstop verbringen kann. Natürlich nur insofern, dass meine Planung unter Realbedingungen auch tatsächlich funktioniert. 

Selten habe ich vor einer Rallye so gut geschlafen wie dieses mal. Normalerweise hält mich das Adrenalin vor Aufregung die halbe Nacht wach. Aber so wache ich um 05:15 erfrischt auf, mache mir einen lauwarmen Kaffee aus dem Wasserhahn (der Wasserkocher in meinem Zimmer ist leider deffekt), mache mich fertig und stehe pünktlich mit den anderen Teilnehmern neben meinem Motorrad. 

Um 06:30 Uhr werden alle Fahrer mit ihren Maschinen den Hotelparkplatz verlassen und ihre Jagd auf Burgen und Schlösser in Großbritannien beginnen. Die letzte halbe Stunde bis dahin, verbringe ich u.a damit, dass die Rallye Leitung noch einmal meinen Kilometerstand überprüft. Schließlich soll niemand bereits die letzte Nach zum Punktesammeln genutzt haben können. Die Fahrer wünschen sich gegenseitig viel Glück, setzten die Helme auf und starten ihre Motorräder. Dann zählt der Präsident der Iron Butt Association die letzten Sekunden bis 06:30 Uhr herunter und ein Motorrad nach dem anderen verlässt den Parkplatz. Direkt vor dem Hotel passiert etwas, was mich dann doch etwas verwirrt.  An der Rallye nehmen ungefähr 40 Starter teil. Von denen biegen bis auf einen alle nach links ab. Ich bin der einzige Fahrer, dessen geplante  Route ihn offensichtlich nach rechts führt…   

Aber was soll´s? Was kann ich für die Fehlplanung der anderen! Mein Weg führt mich heute nach Wales. Davon lasse ich mich auch nicht abbringen.        

Und so fahre ich in den nächsten 36 Stunden Bonuspunkt für Bonuspunkt an:

 

·         Warwick Castle (England)

 

o   Warwick Castle ist eine mittelalterliche Burg, die sich aus einer von Wilhelm dem Eroberer im Jahre 1068 errichteten Festung entwickelt hat. Warwick ist der Hauptort der Grafschaft Warwickshire in England, der an einer Biegung des Flusses Avon liegt. Die hölzerne Burg wurde im 12. Jahrhundert aus Stein neu gebaut.

 

§  Der einzige Punkt  bei dem mir in den nächsten 36 Stunden ein Fehler passiert. Gem. den Rallye Vorgaben muss das Beweisfoto, das belegt dass man tatsächlich vor Ort war, soweit möglich der Vorgabe im Rallye Book entsprechen. Hier habe ich die Burg leider von der falschen Seite fotografiert. Und so verliere ich später bei der Auswertung unnötig 100 Punkte.

·         Berkeley Castle (England)

 

o   Hier muss der Fahrer mit auf das Foto. Dabei zeigt sich auch zum ersten Mal der Vorteil, dass die Rallye Fahne in Form einer Tasche ausgegeben wurde. Man kann sie sich nämlich einfach um den Hals hängen. Sieht zwar merkwürdig aus, funktioniert aber einwandfrei.

·         Kidwelly Castle  (Wales)

o   Kidwelly Castle ist eine Burgruine in Carmarthenshire in Wales. Die als Kulturdenkmal der Kategorie „Grade I“ klassifizierte und als „Scheduled Monument“ geschützte Ruine gilt als eine der besten erhaltenen mittelalterlichen Burgen von Wales. 

 

§  Im Monty-Python-Film „Die Ritter der Kokosnuss dient die Burg zu Beginn des Films als Kulisse.

·         Pembroke Castle (Wales)

o    Pembroke Castle ist eine normannische Burg aus dem 12. Jahrhundert, errichtet am Ende eines felsigen Höhenrückens, auf drei Seiten von Wasser umgeben. Sie liegt in der südwalisischen Grafschaft Pembrokeshire in einer Bucht des River Pembroke am westlichen Ende der Ortschaft Pembroke gegenüber der Stadt Milford Haven. 

 

§  Hier brauche ich, zur Belustigung der um mich herumstehenden Touristen, einige Versuche bis mein Foto endlich so aussieht, wie im Rallyebook vorgegeben. Allerdings sind die Briten wahrscheinlich skurriles gewohnt als einen Typ mit Motorrad, der versucht aus allen möglichen Winkeln seine Einkaufstasche zu fotografieren…

·         Roch Castle (Wales)   

 

o    Noch während ich mein Foto mache stoppt neben mir ein Cabriolet, das mit vier britischen Damen fortgeschrittenen Alters besetzt ist. Die vier sind völlig davon fasziniert, dass es Leute gibt,  die innerhalb kurzer Zeit so viele Kilometer durch Großbritannien zurücklegen und dabei Bilder von Burgen zu machen. Da die Damen allerdings allesamt nicht Motorradfahren können, wird das wohl nichts mit der Mitgliedschaft bei der IBA.

·         Cardigan Castle Sign (Wales)

 

o    Auch das gehört dazu. Es muss nicht immer unbedingt das Foto einer echten Burg gefordert werden.

·         Rhayader Castle Sign (Wales)

 

o    Fast vom Motorrad gefallen. Wer kommt auch auf die Idee einen Parkplatz mit Schotter aufzufüllen?!?

·         Hay Castle (Wales)

o    Hay Castle ist eine Burgruine in Powys in Wales und  liegt inmitten der Stadt Hay-on-Wye.

 

§  Mein vorletztes Ziel an diesem Samstag. Während ich mein Foto mache, spricht mich eine freundliche Familie an und würde gerne mehr über die Rallye wissen. Leider brennt mir die Zeit langsam unter den Nägeln. Drei weitere Punkte möchte ich heute noch anfahren und die folgenden Bonuslocation werden nur mit einem mit Tageslicht aufgenommenen Foto in die Wertung aufgenommen. Also kann ich nur weniger über die IBA berichten, als ich gerne würde. Punkte haben aber nun einmal Vorrang. 

·         Croft Castle Sign (England)

o    Croft Castle ist ein Schloss im Dorf Yarpole in der englischen Grafschaft Herefordshire

 

§  Hier muss zum Glück nur das Eingangsschild zum Anwesen fotografieren. Das geht schnell, denn es fängt schon langsam an dunkel zu werden. 

·         Pausen Bonus Anfang 

 

o    Um die Teilnehmer der Rallye dazu zu bewegen, eine längere Pause einzulegen, gibt es für eine Pause von 2 Stunden 2.000 Extra Punkte, für 5 Stunden Pause gibt es 20.000 Extra Punkte und für 7 Stunden 23.000 Punkte. Eine solch hohe Punktzahl, ohne dafür auch nur einen Kilometer fahren zu müssen, lasse ich mir natürlich nicht entgehen. Das einzige was ich dafür machen muss, ist zu Beginn meiner Pause einige Liter Benzin an einer Automatentankstelle zu tanken und ein Foto vom Verkaufsbeleg zusammen mit meinem Tachostand zu machen. Nach 7 Stunden wiederhole ich einfach diese Prozedur und bin um 23.000 Punkte reicher. Bei meiner Planung habe ich meine Route vom Hotel des Rallye Hauptquartiers durch Wales und England in Form einer liegenden Acht gewählt. Dadurch kann ich meinen Pausen Bonus im gleichen Hotel verbringen, wie meine erste und meine letzte Nacht in Großbritannien. Das spart mir natürlich viel Zeit bei der Suche nach einer Unterkunft. Sieben Stunden Pause bieten mir zudem ausreichend Zeit nicht nur eine ordentliche Nachtruhe zu bekommen, sondern auch noch die Möglichkeit für ein spätes Abendessen.     

·         Castle Hotel

 

o    Manchmal reicht schon ein Hotel mit entsprechendem Namen um als Burg durchzugehen… 

·         Belvoir Castle sign

 

o    Belvoir ist ein Schloss in der Grafschaft Leicestershire im Zentrum Englands im Vale of Belvoir. Belvoir Castle wurde öfters als Filmkulisse genutzt.  In dem Film Der kleine Lord von 1980 mit Ricky Schroder und Alec Guinness war es das Schloss des Geschlechts von Dorincourt. In The Da Vinci Code – Sakrileg dienten Außenaufnahmen des Schlosses als Vorlage für die Sommerresidenz des Papstes in Castel Gandolfo. Für Das Geisterschloss und für die Netflix-Serie The Crown wurde das Schloss ebenfalls als Kulisse genutzt. 

·         Castle House

 

o    So wie es Hotels gibt, die wie eine Burg aussehen, gibt es auch Wohnhäuser die durchaus für ein mittelalterliches Adelsgeschlecht geeignet werden…

·         Bolingbroke Castle

o    Bolingbroke Castle ist eine Burgruine in Bolingbroke in der englischen Grafschaft Lincolnshire.

 

o    1652 wurde die Burg demontiert, um jede weitere Nutzung zu verhindern. Türme und Mauern wurden umgeworfen und im Burggraben versenkt.

·         Thetford Castle mound

 

o    Thetford Castle ist eine abgegangene mittelalterliche Burg im Markt Thetford im Gebiet Breckland in der englischen Grafschaft Norfolk. Die erste Burg in Thetford, ein vermutlich aus dem 11. Jahrhundert stammendes, normannisches Ringwerk namens Red Castle, wurde im 12. Jahrhundert durch eine viel größere Burg auf der anderen Seite der Siedlung ersetzt. Diese neue Burg wurde 1173 von den Truppen Heinrichs II. weitgehend zerstört, wenn auch die riesige Kernburg, der zweitgrößte künstliche Erdwall in England, intakt blieb. Diese Burg, die als Scheduled Monument anerkannt ist, bildet heute einen Teil eines örtlichen Parks und wird Castle Hill, Castle Mound oder Military Parade genannt.

·         Brinklow Castle

 

o    Brinklow Castle, in seiner Gegend auch The Tump genannt, ist eine mittelalterliche abgegangene Burg im Dorf Brinklow zwischen Coventry und Rugby in der englischen Grafschaft Warwickshire.

Nach 35 Stunden und 1.252 Kilometer später ist es so weit. Wo ich am Vortag in die Rallye  eingestiegen bin, rolle ich jetzt über die Ziellinie.

 Kleine Landstraßen, Single Track Roads, einsame Gegenden mit freilaufenden Schafen, ein herrlicher Blick aufs Meer in Wales und jede Menge Stunden im Sattel liegen hinter mir. Dazu noch unglaublich viel Spaß. Eine perfekte Mischung.

Die negativen Momente halten sich in Grenzen und beschränken sich auf einen Transporter, der ziemlich knapp vor mir eingeschert ist und einen kleinen Ausrutscher mit dem Hinterrad auf feuchtem Kopfsteinpflaster in England.

Meine ungewöhnlichste Begegnung? Sicherlich der Radfahrer, den ich ungläubig auf der Autobahn überholt habe.

An der Ziellinie erwartet mich ein Mitglied des Rallye-Teams und notiert meinen finalen Kilometerstand. 

Während der Rallye habe ich jedes von mir aufgenommene Foto der Bonus-Locations bereits per Mail an den Rallyemaster geschickt. Daher bekomme ich im Anschluss an die Kilometerermittlung die Frage gestellt, ob ich an meiner Dokumentation per Mail noch etwas hinzufügen oder ändern möchte. Hier und jetzt ist die letzte Chance dazu. Aus meiner Sicht gibt es nichts zu ändern und so lege ich an der Hotelbar erst einmal bei einem kalten Bier eine halbstündige Pause ein.

Dann mache ich mich auf den Weg zum Rallyemaster um meinen endgültigen Punktestand zu erfahren. Bis auf das Foto von Warwick Castle wurden alle meine angefahrenen Bonus-Location als fehlerfrei gewertet. Meine finale Punktzahl liegt bei 28.850. Damit bin ich zufrieden, aber am wichtigsten ist, dass ich heil und in einem Stück im Ziel angekommen bin.

 

Ab unter die Dusche, umziehen und zurück zu den anderen Teilnehmern. Die Bekanntgabe der Platzierungen und die Siegerehrung erfolgt erst nach dem Abendessen. Bis dahin ist noch jede Menge Zeit die Erlebnisse und Routen der Rallye mit den anderen Teilnehmern auszutauschen.  

 

Da der Tod von Queen Elisabeth erst wenige Tage zurückliegt und die Beerdigung am nächsten  Tag stattfinden wird, erfolgt vor der Siegerehrung eine Schweigeminute für die verstorbene Königin. Als Deutscher, für den Monarchie nur in „Bunte“ und „Gala“ stattfindet, ist es ungewöhnlich live mitzuerleben, mit welcher Ernsthaftigkeit und Mitgefühl die Briten einen solchen Augenblick begehen. Schon unterwegs waren mir, gerade in den kleineren Ortschaften, die vielen Flaggen auf Halbmast vor den Wohnhäusern aufgefallen.  

 

 

Aber zurück zu den schönen Momenten des Lebens. Nach dem, für britische Verhältnisse recht akzeptablen Abendbuffet, ist es endlich soweit. Zeit für die Preisverleihung! Es sind rund 40 Teilnehmer gestartet, von denen 10 es leider nicht über die Ziellinie geschafft haben. Zwei mussten unfallbedingt sogar ins Krankenhaus. Zum Glück sind beide allerdings mit leichten Verletzungen davon gekommen.

 

Für mich selbst hat es für Platz 19 gereicht. Da ich nicht zu denen gehöre, die „mit dem Messer zwischen den Zähnen“ während der Rallye unterwegs sind, eine für mich völlig akzeptable Leistung. Das Wichtigste ist sowieso in einem Stück über die Ziellinie zu fahren. 

Wie immer nach der Siegerehrung folgt noch ein langer Abend mit vielen Rallye Storys und dem ein oder anderen lauwarmen britischem Bier…

 

Am nächsten Morgen, dem Tag der Beerdigung von Queen Elisabeth, muss auch ich mich noch einmal mit ihrer königlichen Hoheit befassen. Mein Zug durch den Eurotunnel ist gebucht für 13:00 Uhr. Aber da heute aufgrund der Beisetzung der Queen halb Großbritannien unterwegs sein wird, muss ich jetzt erst einmal eine Entscheidung treffen, die vermutlich darüber bestimmen wird, ob ich den gebuchten Zug erreiche oder nicht. Fahre ich über die M1, also die kürzere Strecke östlich um London herum Richtung Folkestone oder nehme ich die M25, die westlich an der Hauptstadt Großbritanniens entlangführt? Allerdings führt die M25 an Windsor vorbei und dort wird heute nicht weniger los sein, als in London.

 

Noch um 07:00 Uhr, auf dem Hotelparkplatz in Coventry stehend habe ich keine Entscheidung getroffen. Sogar in den Sondersendungen zur Beisetzung auf BBC wird im Fernsehen davon abgeraten sich auf den Weg nach London zu machen.

Ein anderer Fahrer aus Deutschland ist ebenfalls schon zu dieser frühen Stunde auf dem Parkplatz. Er hat sich für die Route über Windsor entschieden. Da ich schon immer gerne andere Dinge als meine Mitmenschen getan habe, ist meine Entscheidung schnell gefallen. Ich nehme die M1.

 

Nach einem schnellen Frühstück (warum bekomme ich in britischen Hotels eigentlich immer Rührei aus Eipulver?) mache ich mich auf den Weg.

Und tatsächlich geschehen manchmal Wunder. Die Autobahn ist fast völlig leer. Es ist kaum zu glauben. Kein Mensch ist unterwegs. Ob die alle bereits in London sind und seit Stunden am Straßenrand warten? Für mich bedeutet es auf alle Fälle, dass ich zwei Züge früher für die Unterquerung des Ärmelkanals nutzen kann. Klasse! Entsprechend früher werde ich heute Abend zu Hause sein.

 

Nach ungefähr 15 Minuten Fahrt im Zug des Eurotunnels meldet sich plötzlich der Zugführer über die Sprechanlage. Wenn mich jemand in diesem Augenblick gestochen hätte, wäre kein Tropfen Blut gekommen. So oft ich auch schon in den vergangenen Jahren den Eurotunnel Zug genutzt habe, hat sich noch nie der Lokführer gemeldet. Es wird doch keine Probleme irgendwo unterhalb des Atlantiks und der Nordsee geben?!? Aber der Lokführer ruft nur zu einer Schweigeminute zu Ehren von Königin Elisabeth auf. Mann oh Mann…Schöne Geste, aber Bitte…Meine Nerven…

 

Der Rest meine Tour verläuft unspektakulär. Zwar bekomme ich nach einer Stunde Fahrtzeit in Belgien feuchte Hände, weil mein Tank fast leergefahren ist und keines meiner Navis eine Tankstelle anzeigen will, allerdings löst sich das Problem dank der Firma Shell von alleine.

 

Gegen 19:00 Uhr rolle ich in meine Garage im Taunus.  Mal wieder liegt eine spannende Tour mit der IBA hinter mir. Ich habe viele alte und neue Gleichgesinnte getroffen und jede Menge Burgen und schöne Landschaften kennengelernt.

Und zu all dem hatte ich auch Gelegenheit vor Ort der Königin meinen letzten Respekt zu erweisen.

 

 

In diesem Sinne: „God save the Queen…”.                

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