Gefühlt wollte der Winter 2021/2022 kein Ende nehmen. Grau in Grau, mit negativen Corona Nachrichten durchsetzt und zu guter Schluss noch als Kirsche auf der Sahne überfällt Russland die Ukraine…
Endlich April. Es wird warm und ich wecke meine beiden Motorräder aus dem Winterschlaf.
Es wird endlich Zeit, wieder die Landstraße unter die Räder zu nehmen. Die erste Chance für eine 3 Tage Tour bietet sich mit dem „Ride to eat“ der Iron Butt Association Benelux. Für einen „Ride to eat“ treffen sich die Member der Iron Butt Association an einem Samstag um Punkt 16:00 Uhr zu einem Gruppenphoto an einem zuvor festgelegten Ort, der irgendwo in Deutschland oder Europa liegen kann. Diesmal ist die Wahl auf das Motorrad-Museum in Kollnburg im Bayrischen Wald gefallen. Anschließend ist ein gemeinsames Abendessen und ein langer Abend in einem Hotel im ca. 20 Kilometer entfernten Regen geplant.
Aber einen Moment…Seit wann heißt es „Iron Butt Association Benelux“ und nicht mehr „Iron Butt Association Germany“? Nun, in diesem Jahr gab es eine kleine Änderung und das Chapter „Germany“ ist zum Chapter „Benelux“ übergetreten. Geändert hat sich dadurch im Grunde nichts. Gleiche Flasche mit einem neuen Etikett sozusagen.
Aber bevor ich mich am Freitag zuvor auf den Weg nach Bayern machen kann, muss ich Vormittags erst noch ein paar Stunden von zu Hause aus arbeiten. Das fällt mir immer schwer. Das Motorrad steht fertig gepackt in der Einfahrt. Meine Motoradjacke und Hose hängen im Nebenzimmer griffbereit auf dem Stuhl und ich sitze in meinem Arbeitszimmer und soll mich mit dem Stück Software vor mir auf dem Bildschirm befassen…Ganz schön hart.
Auf die Sekunde genau um 14:00 Uhr drehe ich wie geplant den Zündschlüssel meiner Kawasaki nach rechts, drücke den Startknopf und schon bin ich durchs Hoftor.
Bis nach Randesacker in der Nähe von Würzburg möchte ich heute Nachmittag fahren. Natürlich über Landstrasse und nicht über die langweilige Autobahn. Das ist eine Entfernung von 182 Kilometern für die Google Maps eine Dauer von 3 Stunden berechnet. Wie immer wird es am Ende etwas länger gedauert haben. Irgendetwas hält einen immer auf.
In meinem Fall werden es diesmal 2 Baustellen sein, die großzügig umfahren werden müssen und mich eine halbe Stunde Zeit kosten. Das ist allerdings nicht schlimm. Nach all meinen negativen Erfahrungen mit der Suche nach freien Zimmern im letzten Jahr habe ich mir fest vorgenommen nur noch mit im Vorfeld vorgenommenen Reservierungen unterwegs zu sein. Und somit können mich keine noch so großen und unerwarteten Umwege schockieren. In Randesacker wartet ein seit Wochen reserviertes Zimmer auf mich.
Mal abgesehen davon, dass unterwegs ein Reh vor mir die Landstrasse überquert ist die Fahrt ereignislos. Da das Reh zwischen sich und mir ungefähr 500 Meter Abstand lässt, ist die Situation zudem Glück völlig ungefährlich.
Gegen 18:15 Uhr komme ich in Randacker an. Das Gasthaus, dass ich mir ausgesucht habe, hat das zugehörige Restaurant aufgegeben und bietet nur noch Frühstück an. Das ist allerdings nicht schlimm, da ich schon bei der Durchfahrt des kleinen Ortes gesehen habe, dass es hier jede Menge Restaurants und Gaststätten gibt. Einige scheinen allerdings schon längere Zeit geschlossen zu sein. Sehr nah an der A3 gelegen, macht der Ort auf mich den Eindruck, als wäre er in vergangenen Jahrzehnten ein beliebter Nightstop für Autofahrer auf der Reise Richtung Süden gewesen. Die Zeit ist hier irgendwie stehen geblieben. Alles ist sauber und ordentlich, aber alt.
Mein Zimmer ist absolut sauber und strahlt den Charme der 80er Jahre aus. Mir reicht, dass es sauber ist, und ich später am Abend auf meinem Zimmer noch ein wenig fernsehen kann. Mein Motorrad darf ich im Innenhof des Gasthauses parken. Damit es überdacht parkt, fährt die Wirtin sogar ihr Auto für mich aus dem Carport.
Meine 7 Sachen abzuladen und auf dem Zimmer zu deponieren dauert nicht lange. Sobald ich mich aus meinen Motorradhosen und meiner Lederjacke geschält habe mache ich mich, ausgestattet mit einigen Tipps des Wirts, auf die Suche nach einem Restaurant in der Nähe. Fündig werde ich in einer Weinstube mit dem ungewöhnlichen Namen „Zum Urlaub“. Das ist allerdings kein Marketinggag der Besitzer, sondern „Urlaub“ ist tatsächlich deren Nachname. Da Essen dort ist übrigens sehr lecker. Nur für den Fall, dass Ihr vielleicht einmal in Randesacker sein solltest.
Nach dem Essen drehe ich noch eine Runde zu Fuss durch den Ort. Gesessen habe ich heute im Büro genug. Unterwegs finde ich einige interessante Kuriositäten.
Angefangen mit dem besten Werbespruch aller Zeiten:
Über eine Badewanne, die in der Mitte des Ortes installiert ist. Die Absicht dahinter erschließt sich mir leider nicht.
Bis hin zu einem futuristisch anmutenden Gemeindediener.
Nun wird es aber Zeit das Abendessen zu verdauen und sich aufs Bett zu legen. Und wenn es nur dafür ist, dass ich später sagen kann, dass das Fernsehprogramm immer schlechter wird.
Gute Nacht…
Das Frühstück am nächsten Morgen habe ich bereits am Vorabend bei der Wirtin für 07:30 Uhr bestellt. Schließlich liegen noch ca. 300 Landstraßenkilometer bis zu meinem Ziel in Regen vor mir. Da ich morgens zum Trödeln neige, stelle ich meinen Wecker auf 06:30 und stehe punkt halb acht geduscht, rasiert und mit fertig gepacktem Motorrad vor der Tür zum Speisesaal.
Und exakt um 07:30 Uhr steht auch die Angestellte des Hotels vor eben dieser Tür. Allerdings nur um mir mitzuteilen, dass sie gerade erst gekommen ist und das das Frühstück in ca. einer halben Stunde fertig ist. Klasse! Da hätte ich auch noch eine halbe Stunde schlafen können...
Ich habe heute Vormittag noch ausreichend Landstraßenkilometer bis zum vereinbarten Treffpunkt in Kollnburg im Bayrischen Wald vor mir. Dafür habe ich 5,5 Stunden geplant. Das gemeinsame Gruppenfoto ist für 16:00 Uhr vor der Motorradsammlung Willi Schmid geplant. Bis dahin habe ich natürlich noch viel Zeit und ich werde auch mit einem verspäteten Frühstück rechtzeitig sein. Aber ich möchte vorher noch in Regen im Hotel einchecken. Außerdem ist bei dem schönen Wetter, das für heute angesagt ist, cruisen auf der Landstrasse und kein Fahren gegen die Uhr angesagt.
Endlich ist das Frühstücksbuffet eröffnet. Die kulinarische Überraschung am Morgen lässt sich nur mit einem Wort beschreiben: „Furchtbar!“. Aufbackbrötchen , steinhart gekochte Eier und lauwarmer Saft mit 90% Wasseranteil. Besser kann ein Tag doch nicht starten, oder?
Lange halte ich mich mit diesem Frühstück nicht auf und bin schon kurze Zeit später auf der Straße.
Bei herrlichem Sonnenschein setzte ich meine Fahrt in den Bayrischen Wald fort.
Völlig unspektakulär verläuft meine Weiterreise. Kerzengrade Landstraßen Abschnitte wechseln sich mit kurvenreichen Streckenteilen ab. Ich liege super gut in der Zeit und kann mir mittags sogar eine Pause, mit einem überraschend guten Sandwichs von der Tankstelle, gönnen.
Gegen 14:00 Uhr komme ich im Hotel an, checke nur kurz ein und begrüße die ersten bekannten Gesichter. Nachdem ich meine Tasche auf dem Zimmer deponiert habe, mache ich mich auf den Weg zum Treffpunkt, an dem das Gruppenphoto gemacht werden soll.
Der Treffpunkt ist diesmal die Motorradsammlung Willi Schmid in Kollnburg. Über 150 Motorräder der Marken Zündapp, Horex, Adler, BMW, NSU und viele mehr aus den letzten 80 Jahren finden sich hier.
Als ich ankomme sind viele Member der Iron Butt Association schon vor Ort und zeitgleich mit mir kommen weitere Motorräder an.
Punkt 16:00 Uhr wird das Gruppenphoto angefertigt. Wer bis jetzt noch nicht da, kommt nicht aufs Bild. Wir handhaben das ganz strikt.
Viele Interessante Gespräche müssen jetzt unterbrochen werden. Das Hotel, in dem auch das gemeinsame Abendessen stattfinden wird, liegt ca. 20 Fahrminuten entfernt. Viele müssen noch einchecken und alle wollen sich kurz frisch machen.
Da ich schon eingecheckt habe, bin ich nach einer kurzen Dusche bereit für ein erstes Bier vor dem Abendessen.
Das Essen ist sehr gut und die Gespräche über Motorräder, Rides und Rallyes bestimmen den Großteil des Abends. Die meisten Member kennen sich seit Jahren und viele neue Gesichtern bereichern den Abend. Ein typischer IBA Abend eben. Kurzweilig, lustig und einfach nur klasse.
Am nächsten Morgen regnet es leider. Nach dem Frühstück mache ich mich schon bald auf den Weg nach Hause. Besser wir das Wetter die nächsten Stunden nicht werden. So möchte ich es lieber gleich hinter mich bringen. Also tausche ich meine kurze Lederjacke und meine Weste gegen eine Textil-Motorradjacke und los geht’s. Nach einigen Kilometern im strömenden Regen bemerke ich, dass meine Motorradhose bei jeder Bewegung immer tiefer rutscht. Oh nein…Es haben sich doch tatsächlich beide hinteren Klammern meiner Hosenträger gelöst. Daher wird es langsam kühl im Rücken und ich kann den Regen „hautnah“ spüren. Es hilft alles nichts. Gerade weil es so stark regnet muss ich anhalten und das Problem lösen. Falls mich jemand mit heruntergelassenen Hosen, mitten im Starkregen am Straßenrand hat stehen sehen, wird er sich seinen Teil gedacht haben.
Der Rest meiner Fahrt über die Autobahn nach Hause verläuft unspektakulär. Die einzige Abwechslung ist eine kurze Pause an einer Raststätte. Da aufgrund von Corona das von mir gewählte Schnellrestaurant der Systemgastronomie noch immer nicht betreten werden darf, laufe ich zu Fuß durch den Drive In Schalter. Sehr zur Unterhaltung der Autofahrer vor und hinter mir in der Schlange.
Am späten Nachmittag erreiche ich mein zu Hause im Taunus. Das war ein super Wochenende. Schade, dass es schon vorbei ist. Aber zum Glück startet in drei Wochen schon eine 12 Stunden Rallye der Iron Butt Association in Nordrhein Westfalen. Aber das wird ein anderer Reisebericht…